Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe wird auf Antrag gewährt.
Beschreibung
Voraussetzungen
Voraussetzung ist, dass der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten einer Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muss außerdem hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen.
Um die finanzielle Belastbarkeit des Antragstellers festzustellen, ist das sog. einzusetzende Einkommen zu ermitteln. Dies ist das Nettoeinkommen abzüglich bestimmter Beträge, die dem Antragsteller und seiner Familie für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen müssen, der Kosten der Unterkunft und Heizung sowie ggf. außergewöhnlicher Belastungen. Von dem verbleibenden Betrag des monatlichen Einkommens sind bis zu 48 Monatsraten in der Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens anzusetzen. Der Antragsteller muss außerdem sein Vermögen einsetzen, soweit ihm dies zumutbar ist.
Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung vier Monatsraten zuzüglich der aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
Hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht dann, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist.
Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde.
Verfahrensablauf
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist schriftlich, über den elektronischen Rechtsverkehr oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. Die Einreichung eines Antrages auf Prozesskostenhilfe mittels E-Mail ist unzulässig. Informationen, wie Sie digital mit dem Gericht kommunizieren können, finden Sie auf den Internetseiten des jeweiligen Gerichtes.
Zuständig ist das Prozessgericht, das mit dem Vollstreckungsverfahren befasste Gericht bzw. – sofern die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt – das für den Wohnsitz des Schuldners zuständige Amtsgericht.
Im Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (insbesondere Einkommen, Vermögen, Unterhaltsverpflichtungen und sonstige Verbindlichkeiten) sowie Belege zu den gemachten Angaben sind zwingend beizufügen. Für die Erklärung ist ein Vordruck zu verwenden, der beim Gericht oder im Internet über das Justizportal des Bundes und der Länder abgerufen werden kann.
Das Gericht kann zur Beurteilung der Erfolgsaussichten und zur Beurteilung der Frage, ob die Rechtsverfolgung mutwillig erscheint, Nachforschungen anstellen. Es kann insbesondere die Vorlage von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nur in Ausnahmefällen vernommen. Vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist dem Gegner des Antragstellers in der Regel Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Besondere Hinweise
Eine Änderung ihrer Anschrift hat die bedürftige Partei dem Gericht unverzüglich von sich aus mitzuteilen.
Verbessern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der bedürftigen Partei, so muss sie dies dem Gericht ebenfalls sofort mitteilen. Eine Einkommensverbesserung ist dabei als wesentlich anzusehen, wenn die Differenz zu dem bisher zugrunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 EUR übersteigt. Die gleiche Grenze ist zugrunde zu legen, wenn berücksichtigungsfähige Belastungen entfallen.
Verschlechtern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Partei, so kann bei bisheriger Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe ein neuer Antrag sinnvoll sein.
Rechtsbehelf
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann durch die Staatskasse nur eingeschränkt angefochten werden. Die Verweigerung oder Entziehung der Prozesskostenhilfe kann die betroffene Partei unter bestimmten Voraussetzungen mit der sofortigen Beschwerde anfechten.
Stand:20.08.2024
Redaktionell verantwortlich:Bayerisches Staatsministerium der Justiz